„Der Norden verdient die volle Aufmerksamkeit!“

Interview mit Senatorin Özlem Ünsal

Özlem Ünsal (links) bei der Einweihung des Spielplatzes an der Grohner Düne.  Foto: FR

Artikel vom: 13.12.2023

Bremen-Nord (RDR) – Das BLV: Frau Ünsal, Sie sind die neue Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung, dabei kommen Sie eigentlich aus Lübeck – wie sehr kennen Sie sich mittlerweile in Bremen, insbesondere in Bremen-Nord aus? 

Özlem Ünsal: Ich bin hier in unserer Hansestadt sehr herzlich aufgenommen worden und habe das Land und seine Menschen in diversen Gesprächen und Terminen schon intensiv kennenlernen dürfen. Den Bremer Norden im Speziellen habe ich mittlerweile auch schon einige Male besucht. Als bekennendes Nordlicht erkenne ich schon jetzt viele Parallelen zwischen Bremen, Kiel und Lübeck. Der Bremer Norden hat es mir aber mit seinem ganz besonderen maritimen Charme im hohen Maße angetan. Die große Themenvielfalt, mit der ich täglich befasst bin, setzt eine differenzierte Betrachtung mit den örtlichen Besonderheiten und den geografischen Zusammenhängen voraus. Daher kenne ich Bremen und den Bremer Norden bereits recht gut.

Ihre Vorgängerin Dr. Maike Schaefer hatte sich sehr für die Abschaffung der so genannten Brötchentaste stark gemacht, nun soll diese wieder eingeführt werden. Wie stehen Sie dazu und wann wird es das kostenlose Kurzzeitparken wieder geben?

Wir gehen auch an dieser Stelle pragmatisch vor: Überall dort, wo es die Brötchentaste gab, wird es wieder möglich sein, für den kurzen Einkauf kostenfrei zu parken. Es dauert allerdings noch ein wenig, bis die 78 Parkautomaten mit der entsprechenden Software ausgestattet sind. Unser Ziel ist, alle technischen Voraussetzungen auf den Weg zu bringen, damit die Brötchentaste so rasch wie möglich an den Start gehen kann. 

Was sind derzeit wichtige Bauprojekte in Bremen-Nord?

Es gibt zurzeit viele zentrale Projekte in Bremen-Nord, die stark in meinem Fokus stehen. In allen Stadtteilen sind wir mit privaten und öffentlichen Vorhabenträgern aktiv. Daran merkt man auch, wie attraktiv der Bremer Norden als Wohn- und Wirtschaftsstandort ist. Die Projekte in den einzelnen Stadtteilen sind vielfältig. In Blumenthal sind es beispielsweise die Entwicklung des Dillener Quartiers und die Rahmenplanung für das Kämmerei-Quartier.

In Vegesack das Speicherquartier, das Steingut-Quartier, die Entwicklung des Sedanplatzes oder auch Projekte wie das Schönebecker Tor, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch viele kleinere Projekte der Innenentwicklung werden dazu führen, dass Vegesack als Wohnstandort attraktiv bleibt. In Burglesum stehen die Masterplanung für das Friedehorst-Areal an oder auch die weitere Planung des Lesumblicks in Burg.  Hier wird wichtiger Wohnraum geschaffen, oft in Verbindung mit anderen Nutzungen wie Gewerbe, Einzelhandel oder sozialer und Bildungsinfrastruktur.

 Neben dem Neubau steht aber auch verstärkt die Bestandsentwicklung im Vordergrund unserer Aktivitäten. Dabei geht es auch um den Erhalt des typischen Siedlungsbildes. Für Bremen-Nord sind weitläufige, teilweise in die Jahre gekommene Einfamilienhausgebiete typisch. Hier bedarf es eines Wandels hin zu einer verstärkten Sanierung, dem barrierefreien Umbau und einer angemessenen Nachverdichtung in Verbindung mit der Diversifizierung des Bestandes an Wohnimmobilien.

 Darüber hinaus liegen mir die Projekte der Städtebauförderung in unseren Quartieren besonders am Herzen. Es gibt aktuell keinen anderen Stadtbezirk, in welchem sich in den kommenden Jahren derart viele Städtebaufördermittel konzentrieren werden wie im Bremer Norden. Hier investieren wir als öffentliche Hand zum Beispiel in das Zentrum Blumenthal, in Lüssum-Bockhorn und in Grohn im Umfeld der Düne. Insbesondere die Stadterneuerung im Blumenthaler Zentrum möchte ich betonen. Wir wollen die Chance nutzen, die durch den entstehenden Berufsbildungscampus für die Belebung des Zentrums besteht. Dazu gehören unter anderem die Verringerung der Leerstände in den Erdgeschossen, die Schaffung einer guten Wegeverbindung zwischen dem Zentrum und dem Kämmerei-Quartier, eine dauerhafte Nutzung für das historische Rathaus oder auch Entwicklungsimpulse für die Bestände in der George-Albrecht-Straße. Neben der Städtebauförderung haben wir auch ein Sanierungsgebiet erlassen und einen Sanierungsträger beauftragt, der ab dieser Woche vor Ort zur Förderung privater Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen berät.

Welche schreiten gut voran? Bei welchen hakt es und warum?

Pauschal lässt sich nicht sagen, dass es bei Projekten hakt. Alle aktuellen Projekte stehen selbstverständlich unter dem aktuellen Druck der Marktlage im Baubereich. Aber wir sorgen gemeinsam mit den Beteiligten an vielen Stellen dafür, dass trotz der schwierigen baukonjunkturellen Lage Projekte umgesetzt werden. Und wir sind als Senatsressort mit unseren Kolleginnen und Kollegen in der Stadtplanung und Bauordnung im Bremer Norden vor Ort und dauerhaft in Gesprächen mit Vorhabenträgern.

Das Hotel Strandlust und das zugehörige Areal stehen für viele Menschen seit über 100 Jahren für die maritime Identität Vegesacks. Der gültige Bebauungsplan 909 für Hotel und Gastronomie soll nun durch das Bauplanungsvorhaben 1631 beziehungsweise den entsprechenden Bebauungsplan ersetzt werden, was eine großzügige Wohnbebauung ermöglichen würde. Wie ist da der Stand der Dinge?

Bei der Strandlust handelt es sich um einen wichtigen und genauso emotional verbindenden Ort. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass sich viele Menschen diesem besonderen Ort annehmen. Das zeigt die hohe Identifikation und Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Für uns bleibt wichtig, in einem konstruktiven Dialog und durch ein transparentes Verfahren eine tragfähige Entwicklung für das Quartier zu ermöglichen. Dazu gehört auch das Wohnen.

Im Koalitionsprogramm stehen 10000 neue Wohnungen. Ist dieses Ziel realistisch, und wie viele davon sollen in Bremen-Nord entstehen?

Im Koalitionsvertrag heißt es, dass „erneut Flächen für Wohnbauprojekte im Umfang von mindestens 10000 Wohneinheiten ausgewiesen werden, für die die Voraussetzungen für die Schaffung von Wohnungsbau noch in dieser Legislaturperiode geschaffen werden sollen.“ Das ist ein ambitioniertes Ziel und zeigt zugleich die politische Schwerpunktsetzung, hinter der ich und der Senat insgesamt stehen. Wir konzentrieren uns auf dieses Ziel. Das bezahlbare und gute Wohnen bleibt die zentrale Frage unserer Zeit. Und dazu trägt auch Bremen-Nord mit seinen schönen Weser- und Lesum-Uferlagen und dem hohen Landschaftsbezug eine hohe Wohnqualität bei.

Sie sind die Aufsichtsratsvorsitzende zweier öffentlicher bremischer Wohnbaugesellschaften, der Brebau und der Gewoba. Gibt es für Sie da keinen Widerspruch, die Spitzen (Vorstände, Geschäftsführung) dieser beiden konkurrierenden Unternehmen zu beaufsichtigen?

Das ist kein neues Konstrukt und wurde bereits in der Vergangenheit ohne Kollisionen praktiziert. Selbstverständlich habe ich Ihre berechtigte Frage auch für mich und mein Ressort gleich zu Beginn formal geprüft und abgeklärt. Und selbstverständlich werden wir dies gemeinsam auch weiterhin verantwortungsvoll im Sinne aller Beteiligten im Blick halten. Hier gibt es keinen Widerspruch, sonst hätten wir als Senat anders entschieden. Gewoba und Brebau sind zwei eigenständige Gesellschaften mit einer hohen Expertise und werden mit ihren jeweiligen Portfolios auch noch weiter gestärkt. Unsere öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften sind dabei ein richtiges Pfund, um das uns andere Städte beneiden. Wir wollen diese noch stärker für unsere wohnungs- und stadtentwicklungspolitischen Ziele nutzen.

Was planen und was wünschen Sie sich in den Bereichen Bau, Mobilität und Stadtentwicklung in Bremen-Nord in den künftigen Jahren?

Die Bau- und die Verkehrspolitik, die ich in den kommenden vier Jahren verantworten und aktiv ausgestalten will, ist von besonderer Bedeutung – gerade für den Bremer Norden. Die Anbindung an das Zentrum Bremen, liegt in meinem Fokus, insbesondere eine Verbesserung der Verkehrsanbindung über die Straßen- und Schieneninfrastruktur. Auch innerhalb Bremen-Nords zwischen den Stadtteilen Burglesum, Vegesack und Blumenthal. Zentral ist dafür der 15-Minuten Takt der Regio-S-Bahn bis Blumenthal und eine verlässlichere Anbindung durch das den Bau des dritten Gleises zwischen Bremen-Burg und Bremen-Regionalbahnhof. Die Lebensader Bremen-Nords, die Bundesautobahn 270, wird zurzeit bereits saniert und perspektivisch vom Ringschluss der BAB 281 komplettiert. Wie oben bereits erwähnt: wir fördern, wir sichern, wir moderieren. Sozial, nachbarschaftlich und für den Standort insgesamt vorausschauend. Wir wollen Tradition bewahren und Neues möglich machen. Wir wollen soziale, gute und tragfähige Lösungen für Viele. Es ist nichts in Stein gemeißelt und wir tun gemeinsam gut daran, mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen. Der Norden verdient unsere volle Aufmerksamkeit! 


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