„Mann vom Guntsietland“ geht

Familienunternehmen Denker verlässt den Vegesacker Wochenmarkt nach 93 Jahren

Ralf Denker wird mit seinem Stand am 28. Dezember das letzte Mal auf dem Vegesacker Wochenmarkt sein. Auf dem kleinen Foto ist sein Großvater Karl Denker.Foto: as / Kleines Foto: fr

Artikel vom: 22.12.2024

Vegesack (as) – „Ach, wie traurig!“, ist derzeit oft am Stand von Ralf Denker auf dem Vegesacker Markt zu hören. Der Gemüse- und Obsthändler aus Ganderkesee-Kühlingen sagt „Tschüss“ zu seinen Kundinnen und Kunden.

Seit über 90 Jahren verkaufte seine Familie Waren vom eigenen Landwirtschaftshof und mehr. Nun habe er sich, der Gesundheit wegen, entschieden, dass es am 28. Dezember das letzte Mal sein werde.

Angefangen hat sein Großvater auf dem Delmenhorster Markt, zugehörig zum Großmarkt Bremen. 1991 habe er beim „Ball der Goldenen Apfelsine“, damals noch mit Großmarktchef Carl-Hans Röhrsen, im 80. Lebensjahr sein 60-jähriges Bestehen gefeiert.

Er selbst habe dem Großvater schon früh geholfen. Wenn Kartoffeln gelesen wurden, sei das ganze Dorf mit beim Aufsammeln dabei gewesen, erinnert sich der 56-Jährige an schöne Zeiten. Früher habe es noch Suppenhühner am Stand gegeben, von der Oma und der Mutter geschlachtet. Großvater, Vater und er brachten als Jäger auch Wild mit auf den Wochenmarkt.

Vor Jahren seien auf dem Markt, bei Dieter Muß, noch lebende Tiere, wie Hühner, Enten oder Kaninchen, verkauft worden. „Da stand ich als Kind auch davor“, erklärt Thomas Schipkowski, der seit 18 Jahren beim Hof Denker angestellt ist.  „Damals war der Markt richtig voll – bis die Halle kam“, so Ralf Denker. Vor 33 Jahren übernahm Ralf Denker den Stand und vergrößerte ihn im Laufe der Zeit auf 14 Meter.

Möhren, Kürbisse, Gurken, Grünkohl waren unter anderem erhältlich. Auch Außergewöhnliches sei über den Ladentisch gegangen – und wieder verschwunden: zarte Rosenkohlköpfe oder lila Blumenkohl, der sei „der Renner“ gewesen. „Früher gab es mehr Saisongemüse“, weiß er. Da habe man Blumenkohl und Brokkoli nicht im Winter kaufen können. Im Laufe der Jahre habe er so einiges miterlebt: geklaute Kassen, fliegende Schirme... „Wir haben hier gelacht und geweint“, so Thomas Schipkowski.

„Die Kunden werden mir sehr fehlen; mit ihnen gut zu schnacken und Späße zu machen. Ich habe wohl vom Opa geerbt, mit den Kunden zu reden“, sagt Ralf Denker. Einer von ihnen, Ekkehard Scheufler, hat ihm im Juni 2011 sogar ein Gedicht gewidmet: „Der Denker“ – „Mann vom Guntsietland“, auf dessen Ware Verlass sei und bei dem man die Kartoffeln kaufen müsse.

Nun werde er sich erst einmal seiner Gesundheit widmen und danach in eine Anstellung wechseln, so der verheiratete zweifache Vater. Das werde schwer, befürchtet er: Anfangs werde er wohl noch nachts zur üblichen Zeit, Viertel nach Drei, aufwachen, um in den Tag zu starten und zum Großmarkt zu fahren.

Der selbstständige Händler befürchtet, dass es für die Wochenmärkte nicht einfacher werde: Vieles gäbe es in den Supermärkten zu kaufen und es fehlten Nachfolgestände. „Wir bedanken uns bei allen Kunden, besonders bei unseren langjährigen und treuen Kunden, sowie bei den Großmarkthändlern und den anderen Marktbeschickern vom Vegesacker Wochenmarkt!“, verabschiedet er sich.


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