Treffen am Bunker Valentin

Kirchenvertreter begrüßten Gäste aus Lidice beim Gedenkort in Farge-Rekum

Gäste und Gastgeber trafen sich zu einer Führung auf der Bunkeranlage Valentin.    Foto:th

Artikel vom: 08.05.2025

Farge-Rekum (th) – „Wir möchten der Lidice-Initiative neues Leben verleihen und bestehende Kontakte auffrischen.“ Detlev Hansing vom Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Blumenthal bezieht sich auf den eingeschlagenen Weg der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), die bestehende Partnerschaft fortzusetzen. 

Dabei richtet sich das Bemühen, mit der Ortschaft Lidice in Tschechien und der benachbarten Evangelischen Kirchengemeinde der Kreisstadt Kladno in Kontakt zu bleiben und den Jugendaustausch zu fördern. Das wurde bei einem mehrtägigen Treffen mit Gästen aus Lidice spürbar deutlich.

Es ist die Fortsetzung eines langlebigen Prozesses, den Ernst Uhl, ehemaliger Schriftführer der BEK, in Bewegung setzte, als er erste Kontakte mit Lidice knüpfte. Sein späterer Nachfolger, Schriftführer Bernd Kuschnerus, nahm kürzlich gemeinsam mit Stellvertreterin Ulrike Bänsch und Edda Bosse, Präsidentin des Kirchenausschusses, am Treffen in Bremen teil, begleitet von Melissa Runge, theologische Referentin, und Ulrike Oetken, Ausbildungsreferentin der BEK.

Auf der Rundfahrt stand die Besichtigung des Bunkers Valentin in Farge an. 1942 wurde Lidice von den Nationalsozialisten vollständig zerstört, die männliche Bevölkerung nahezu ausgelöscht und viele Frauen und Kinder ermordet, viele Kinder wurden zwangsweise „germanisiert“. Auf diese Weise sollte der Mord an Reichsprotektor Reinhard Heydrich gesühnt werden, den die tschechische Exilregierung veranlasst hatte.

Marcus Meyer, wissenschaftlicher Kooperationspartner der Landeszentrale für politische Bildung, begrüßte den Teilnehmerkreis, stehend vor der Bunkeranlage und informierte sie über die Bedeutung der Rüstungsproduktion der Nationalsozialisten. Und es habe lange gedauert, bis der Bunker zu einem Erinnerungsort wurde. In der Phase des kalten Krieges war er Teil der Nato und stand unter Geheimhaltung. Es sei einem zivilgesellschaftlichen Engagement zu verdanken, dass die Anlage in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte.

Zwei Journalisten stießen bei ihren Nachforschungen auf die Geschichte der Lager. Sie konnten einzelne Zeitzeugen befragen. Der technische Leiter der Anlage berichtete mit gewissem Stolz über die technischen Fähigkeiten und Leistungen, um den Bunker zu errichten. Auf die Häftlinge angesprochen, berichtete er, damit hätte er nichts zu tun gehabt. „Niemand kann sagen, das habe ich nicht gewusst. Es war unübersehbar, auch die Konzentrationslager“, so Marcus Meyer. Als der Beitrag im Radio gesendet wurde, löste er eine Diskussion aus, auch bei Mitarbeitern der Stahlwerke. Im Kollegenkreis meldeten sich Stimmen, dass es auch ein KZ in Mittelsbüren gegeben habe.

Im Jahre 1983 wurde das Denkmal am Bunker eingeweiht und ehemalige Häftlinge eingeladen. Es vergingen über 30 Jahre, bis der Bunker Valentin das heutige Bild erhielt und zu einem Denkort wurde. Alle großen Rüstungsprojekte wurden von Albert Speer bearbeitet. Er sei auch die Schlüsselfigur der Zwangsarbeit gewesen, so Marcus Meyer. Doch Speer hätte stets behauptet, von all den Vorgängen nichts gewusst zu haben, auch nichts von Auschwitz, um sich selbst ein Bild zu geben, ein sauberer Nazi gewesen zu sein. Darauf beriefen sich viele seiner Leute, so dass sich ein Entlastungsmythos entwickelte.

Bereits 1938 zeichneten sich in dem waldreichen Gebiet in Farge extreme Veränderungen ab. Es entstand zunächst eines der größten Treibstofflager. Die erste Gruppe an Arbeitern stammte aus Tschechien, gefolgt von Polen. Man versprach ihnen guten Lohn, vernünftige Arbeitsplätze und Unterkünfte. Aber es traf nicht zu. Viele wehrten sich, der Druck nahm zu und die Gestapo griff ein. Es entstand ein neuer Lager-Typus, das Arbeitserziehungslager, das System von Zwangsarbeit. Es diente der Abschreckung, Kollegen spürten, was ihnen drohe.

Die Bremer Rüstungswirtschaft und Bremer Handwerkskammer hätten es begrüßt, brutal zu disziplinieren. Der zweitgrößte oberirdische Bunker entstand in nur 24 Monaten, als eine U-Boot-Werft. An zwölf Booten sollte geleichzeitig gearbeitet werden können. Bis zu 7 Meter dicke Wände und Decken aus Stahlbeton sollten alle verfügbaren Bomben abhalten.Doch englische Bomben durchschlugen die Decken, so dass die Rüstungsproduktion gefährdet war. Trotzdem ließ Minister Speer den Bunker mit allen verfügbaren Mitteln und Häftlingen fertigstellen. 1.200 Häftlinge verloren dabei ihr Leben. Die Baustelle wurde aufgegeben und die verbliebenen Häftlinge, auch aus den umliegenden KZ auf Todesmärsche geschickt.

Eine Einladung nach Lidice liegt bereits vor. 


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