Wie funktionieren Radar-Satelliten?
Mit Satellitenaufnahmen konnen die „Großen Vier“ bisher nicht dingfest gemacht werden. Illustration: Isa Fischer
Artikel vom: 10.12.2025
Vegesack – (nik) Kann man die Bremer Stadtmusikanten auf Satellitenaufnahmen entdecken? Diese Frage konnte Dr. Stefan Wiele vom Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt schnell beantworten: Die Auflösung der Satellitenbilder reiche dafür nicht aus, die Tiere seien zu klein. Sein Vortrag zur Fernerkundung mit Radarsatelliten im Rahmen der Reihe „Kunst und Wissenschaft“ bei den Funkamateuren des MTV Nautilus e.V. räumte mit einem häufigen Missverständnis auf: Wer auf den Google-Kartendiensten herumzoomt, bis er den Pool im Nachbarsgarten identifizieren kann, schaut gar nicht auf Satellitenbilder. Es handelt sich um herkömmliche Luftaufnahmen, die aneinander gefügt wurden. Er wolle daher erklären, wie die Erderkundungs-Satelliten funktionieren, was sie können und wo ihre Grenzen liegen. Sie befänden sich auf einer polaren Umlaufbahn, die Erde drehe sich darunter hindurch, sodass jeder Punkt auf der Erdoberfläche bei einigen Umläufen erfasst werden kann. Die räumliche Auflösung etwa von „Sentinel-2A“ erreiche zehn Meter. Zwei hintereinander geparkte Autos würden sich also schon im selben Pixel befinden.
Optische Aufnahmen seien vom Tageslicht abhängig, während das Radar seine eigene Strahlungsquelle im Mikrowellen-Spektrum sei und so auch bei Nacht Bilder liefern könne. Auch eine Wolkendecke wird damit durchschaubar. Das Wort Radar steht als Abkürzung für Rapid Detection and Ranging, erklärte Stefan Wiele. Dafür gibt es verschiedene Methoden: Im Aufnahmemodus „ScanSAR“ wird mit der beweglichen Radar-Antenne eine große Fläche abgedeckt, was aber auf Kosten der Auflösung geht. Der „Stripmap“-Modus nimmt ohne Antennenbewegung einen schmaleren Streifen entlang der Flugrichtung auf. Die genauesten Aufnahmen entstünden mit der „Spotlight“-Methode, bei dem die Antenne einem bestimmten Zielgebiet hinterhergedreht wird. Dazu muss man allerdings schon kennen, wonach man sucht. „In-situ-Daten, Vor-Ort-Informationen, sind essentiell für das Verständnis der Daten“, betonte Stefan Wiele denn auch. Die Aufnahmen werden an eine DLR-Bodenstation in Neustrelitz gefunkt.
„Was wir Menschen gebaut haben, hat viele rechte Winkel“, erklärt der DLR-Wissenschaftler, warum Dachflächen von Gebäuden leuchtend hervorstechen. Sie reflektieren die Wellen direkt, anders als etwa ein Wald, wo eine starke Streuung auftritt: Die kürzeste Reflektion „Single-Bounce“ komme von einer glatten Fläche, Doppelreflektionen produzierten schwächere Signale. Die Reflektionen fallen auch räumlich auseinander, wie eine Aufnahme von einem Schiff zeigt, was sich versetzt zu seiner klar erkennbaren Fahrspur zu bewegen scheint. Das wird als „Ship-off-the-wake“-Effekt bezeichnet.
Der „Foreshortening“-Effekt macht sich bei höheren Objekten bemerkbar, die eine Neigung entlang der Flugrichtung des Satelliten aufzuweisen scheinen. Selbst wenn eine höhere Auflösung technisch möglich wäre, könne man daher erwarten, dass die Rathausfassade die Stadtmusikanten-Statue auf den Bildern überlappen würde. Das wird bei den Türmen des Doms noch deutlicher.
Ein Zuhörer mutmaßte, dass militärische Satelliten höhere Bildauflösungen erreichen könnten. Stefan Wiele wollte das nicht ausschließen, doch von einem wesentlichen Unterschied gehe er nicht aus, die Radar-Technologie mit ihren Limitationen sei auch beim Militär dieselbe. Auch wenn man die Stadtmusikanten nicht sehe, könne man doch durchaus Tiere beobachten: Größere Seerobben-Rudel, die dichtgepackt auf Sandbänken liegen, sind in der Fläche erkennbar. Ebenso Miesmuschelbänke, die mit ihrer charakteristischen Textur eine leicht identifizierbare Reflektion auf dem Radarbild erzeugen.
Interessierte können sich auf dem kostenfreien Server dataspace.copernicus.eu mit den Satellitenbildern beschäftigen. Die Handhabung ähnelt den bekannten Online-Kartendiensten, allerdings besteht die Möglichkeit, vom selben Gebiet Satellitenaufnahmen unterschiedlicher Zeitpunkte aufzurufen. Die aktuelle Ansicht zeigt Bremen unter einer Wolkendecke, auf der Aufnahme vom 30. Oktober etwa hat man jedoch fast uneingeschränkt klare Sicht.
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