Mischung aus Tradition und Moderne

Pastor Holger Westphal.
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Artikel vom: 09.10.2025
Werschenrege – (as) Am Sonntag, 5. Oktober, wurde der langjährige Pastor Holger Westphal im Erntedankgottesdienst auf Heumanns Hof, An Heumanns Busch 2, Stendorf, verabschiedet. Der 55-Jährige wurde im Hartmannsstift geboren, ist in Lesum aufgewachsen und in Vegesack zur Schule gegangen. Das Theologiestudium folgte in Wuppertal, Marburg und Göttingen. Das Vikariat absolvierte er in der Versöhnungsgemeinde Sebaldsbrück und Unser Lieben Frauen. In diesem Rahmen schloss er zusätzlich eine „Klinische Seelsorge Ausbildung“ ab.
Seit dem 1. Januar 2003 übte er sein Amt in Werschenrege, zugehörig zu St. Martini Lesum, aus. Seit 2020 hatte er auch eine halbe Stelle in der Kirchenleitung der Bremischen Evangelischen Kirche und war zuständig für die lutherischen Gemeinden. Pastor Holger Westphal ist verheiratet und hat einen Sohn.
Wie viele Mitglieder hat die Gemeinde?
St. Martini Lesum hat insgesamt 7400, davon am Standort Werschenrege zirka 2100.
Was war das Besondere an Ihrer Arbeit vor Ort?
Die Mischung aus Tradition und Moderne. Wir haben einerseits die alten Familien von den Höfen, eine große Gemeinschaft, in der die Nachbarn oder die Kameraden der Feuerwehr beispielsweise einen Verstorbenen zu seiner letzten Ruhe tragen. Auf der anderen Seite ziehen viele junge Familien hier her. Es ist bei den Menschen selbstverständlich, dass die Kirche sie an den Wendepunkten ihres Lebens begleitet – bei Taufen, Trauungen oder Beerdigungen.
Der Zusammenhalt zeigt sich unter anderem beim Dorfgemeinschaftsfest rund um die Kirche, das gemeinsam mit den Vereinen und Verbänden vor Ort organisiert wird. Darüber hinaus gibt es eine sehr große Zuverlässigkeit beim Engagement der Ehrenamtlichen in unserer Gemeinde, was die Arbeit stützt.
Auf welche schönen Ereignisse blicken Sie zurück?
Die Ehrenamtlichen und die Kirchenvorsteher haben uns eine selbstgezimmerte Holzbank für die Terrasse geschenkt und zur Silberhochzeit ein Herz für den Garten.
Für die Kirche wurde eine neue Orgel angeschafft. Für eine Veranstaltungsreihe zur Finanzierung kamen Prominente wie Willi Lemke und Eugen Drewermann sowie ein Quartett der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen zu Besuch, auch Chöre aus der Region haben sich beteiligt. Die Einnahmen gingen in das Projekt, und dieses wurde auch von den Betrieben vor Ort unterstützt.
Unsere Mischung aus Tradition und Moderne ermöglicht eine große Offenheit, beispielsweise für Jazz- oder Literatur- beziehungsweise zu Coronazeiten Gartengottesdienste.
Besonders gern denke ich an die Konfuscamps als Jahreshöhepunkte für die Konfis, die gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus Bremen-Nord durchgeführt wurden, zurück.
Was war weniger schön?
Insbesondere die Coronazeit war eine große Herausforderung. Wir brauchten für unsere Standorte verschiedene Hygienekonzepte, da sie in unterschiedlichen Bundesländern liegen. So durften zum Beispiel für die Aufnahme einer Weihnachts-CD der Bremischen Evangelischen Kirche die Profimusiker in Bremen-Lesum spielen, die Musiker des Landesposaunenwerks mussten jedoch, weil sie Hobbymusiker sind, nach Werschenrege ausweichen, weil sie nur auf niedersächsischem Gebiet spielen durften.
Ich konnte zwei Jahre keinen Gottesdienst halten, denn ich hatte mich mit Corona infiziert und bin danach an Long-Covid erkrankt. Ich war über ein Jahr krankgeschrieben und hatte mehrere Reha-Aufenthalte. Das war ein harter Einschnitt. Die Gemeindearbeit muss ich nun leider aus gesundheitlichen Gründen aufgeben, da meine Long-Covid-Erkrankung eine gute Belastungssteuerung erfordert. Diese ist im Gemeindealltag nicht möglich.
Was hat Ihnen Halt gegeben?
Wichtig war mein Glaube, der sich in Musik ausdrückt. Ich spiele Saxofon und Orgel. Das ist mein Anker. Wie in schwierigen Zeiten die Gemeindeglieder: Sie haben mir Briefe und kleine Aufmerksamkeiten gesendet. Solche Sachen geben auch Kraft.
Könnten Sie uns eine Anekdote aus Ihrer Zeit als Pastor erzählen?
Ich erzählte einem unserer Mitglieder, der eine Wiese mit vielen Märzbechern hat, dass diese zu meinen Lieblingsblumen gehören. Eines Tages kamen wir nach Hause, da stand er mit seinem Spaten in unserem Garten und hatte Märzbecher gepflanzt.
Wie wollen Sie zukünftig Ihre Zeit verbringen?
Die Wiedereingliederung liegt hinter mir und ich bin im Gespräch mit der Bremischen Evangelischen Kirche für eine neue Stelle, die meiner gesundheitlichen Situation angemessen ist.
Wie gesagt, ich spiele Saxofon und Orgel. Saxofon übrigens auch bei meiner Verabschiedung mit dem Jazzpianisten Jens Schöwing. Darüber hinaus freue ich mich, dass unser Chor „conTakt“ Gospels singt.
Vielen Dank für das Gespräch.
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