Gleistein verbindet sicher und für lange Zeit

Interview mit den Familienunternehmern Thomas Schlätzer und Jan Paul

Thomas Schlätzer (links) und Jan Paul sind in achter Generation im Unternehmen tätig.Foto: Gleistein

Artikel vom: 25.04.2024

Blumenthal (RDR) – Thomas Schlätzer und Jan Paul sind Cousins. Gemeinsam mit einem weiteren Cousin, Klaus Walther, gehört den Gesellschaftern das Unternehmen Gleistein GmbH. Die Firma feiert am 26. April dieses Jahres das 200. Jubiläum und ist damit das älteste industrielle Unternehmen Bremens, das sich in Familienhand befindet. Jan Paul, Klaus Walther und Thomas Schlätzer gehören alle der achten Generation bei Gleistein an. Seile des Unternehmens nutzte beispielsweise der Künstler Christo zur Verhüllung des Reichstags; die Rainbow Warrior III wurde damit ebenso ausgestattet wie die dänische Segelnationalmannschaft.

Das BLV:  Manche Jungs wollen Lokführer oder Feuerwehrmann werden. Warum sind Sie in den Familienbetrieb eingestiegen?

Jan Paul: In meinem Fall gab es beruflich keine gerade Linie. Ich komme aus dem Kreativbereich, aber ich habe dann herausgefunden, dass mich das Produkt nicht loslässt, mit dem ich schon so lange verbunden bin. Mein Vater hat viel zum Marketing von Gleistein beigetragen. Ich habe das dann fortgesetzt. Wie tritt das Unternehmen als Persönlichkeit nach außen auf? Wie hat sich unsere Marke entwickelt? Das sind wichtige Themen.

Thomas Schlätzer: Ich bin als kleiner Junge im Bus durch Vegesack gefahren und habe das ganz lange Gebäude dort gesehen. Erst später wusste ich, dass das die Reeperbahn von Gleistein ist. Ich habe in Stuttgart studiert und dort auch meine ersten berufliche Jahre verbracht. Ende der 90er Jahre ergab sich die Chance, bei Gleistein einzusteigen, und ich fand es schon immer toll, etwas zu kaufen, zu verarbeiten und damit etwas herzustellen.

Wofür steht der Name Gleistein heute?

Thomas Schlätzer: Unser Slogan lautet „More than ropes“. Wir haben uns mit einem Markenprozess auf den Weg gemacht, um Kunden über Produktlebenszyklen zu begleiten. Wir stehen noch immer für Faserseillösungen und lösen immer noch technische Probleme, aber damit endet das Angebot nicht. Wir sind ein ganzheitlicher Lösungsanbieter und nutzen die Chancen der Kreislaufwirtschaft. Gleistein ist viel mehr als ein reiner Premiumseilhersteller. Wir übernehmen die Verantwortung für den gesamten Produktlebenszyklus. 

Jan Paul: Aber natürlich sind wir immer noch eine Seilerei. Unser Produkt steht als Symbol für Halt – langen Halt – Unterstützung und Verbindungen, die halten. Wir stellen die langlebigsten Produkte dieser Art her.

Es gab viele Meilensteine in der Geschichte von Gleistein...

Thomas Schlätzer: Ja, zum Beispiel den, die Kriegsjahre zu überstehen. Alle, was es damals an Fasern gab, wurde der Marine zugeteilt. Aber wir haben es geschafft. In den 50er Jahren hielt die Chemiefaser Einzug: Polyamid, auch bekannt als Nylon. In den 60er Jahren fingen wir dann auch an, selber zu extrudieren. Damals Polypropylen. Diese Faser ist leichter, flexibler, einfacher zu handhaben, weniger sperrig... Heute produzieren wir fast ausschließlich mit Chemiefasern. Auch unser Umzug nach Blumenthal 1980 war so ein Meilenstein. Man hatte uns wegen der geplanten Wohnbebauung so ein bisschen aus Vegesack ‚rauskomplimentiert‘, was sich für uns als Glücksfall herausgestellt hat. Es war der zentrale Schritt für unser Unternehmen in die moderne Zeit. Wir haben uns von der 380 Meter langen Reeperbahn verabschiedet. Derselbe Produktionsschritt, der damit gemacht wurde, ist heute in Blumenthal auf zehn bis 15 Metern Länge möglich. Ein wichtiger Schritt war 1997 auch die Gründung einer Tochtergesellschaft in der Slowakei. 

Sie bilden aus, auch in eher seltenen Berufen. Wie überzeugen Sie junge Menschen davon, beispielsweise Seiler zu werden?

Thomas Schlätzer: Es ist ein Nischenberuf und ein bisschen exotisch, aber auch etwas Besonderes. Wir haben Mitarbeitende, die hier ausgebildet wurden und jetzt Abteilungsleiter sind. Der Beruf spricht Menschen an, die handwerklich arbeiten, aber nicht unbedingt Tischler oder Elektriker werden wollen. Mitarbeitende, die beispielsweise wegziehen, sind noch immer in einem anderen Betrieb untergekommen; einer davon in der Schweiz.

Jan Paul: Seile haben den Charakter von Gleistein geprägt, und es macht Spaß bei Gleistein zu arbeiten. Wir können uns als Arbeitgeber gut darstellen, weil wir wirklich etwas zu bieten haben. 

Nachhaltigkeit ist aktuell ein großes Thema. Was tun Sie dafür? 

Thomas Schlätzer: Wir ordnen uns da richtig ein und haben im direkten Umfeld schon seit längerem viele kleinere Projekte. Wir sind offiziell ‚Ort der biologischen Vielfalt‘, haben Bienen, Naturwiesen oder Vogelhäuser. Zum Thema E-Mobilität haben wir Ladestationen aufgebaut. Unseren Strom beziehen wir schon lange aus nachhaltigen Quellen. Wir haben ein eigenes Blockheizkraftwerk. Außerdem kompensieren wir seit 2021 unseren CO2-Abdruck – zum Beispiel durch die Unterstützung von zertifizierten Klimaschutzprojekten.

Jan Paul: Die Herstellung unserer Premiumprodukte haben wir komplett umgestellt, auch wenn das deutlich teurer ist. So wird die Erdölkomponente durch Bio-Naphtha aus nachhaltiger, zertifizierter Forstwirtschaft ersetzt. 

Welche Bedeutung hat der Standort in Blumenthal für Sie?

Thomas Schlätzer: Wir sind dem Standort schon sehr verbunden und sind sehr stolz darauf, dass wir in Bremen-Nord die Fahne hochhalten. Auch die Mitarbeitenden sind dem Unternehmen hier sehr verbunden – und wir natürlich den Mitarbeitenden. Bremen-Nord ist Identität für uns. Wenn es bei Gleistein rein um Gewinnmaximierung ginge, würden wir seit vielen Jahren nur noch in der Slowakei produzieren. Wir brauchen die Nähe zu unserem Produkt – entwickeln, produzieren, bewerten, verbessern ... – und das hier vor Ort. Das ist uns wichtig.


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