Keine Zwang zum Ehrenamt
Artikel vom: 12.02.2023
Das Gerichtsverfassungsgesetz sieht seit über 130 Jahren Schöffenbeteiligung in der Strafjustiz vor. Tatsächlich reicht diese Tradition sogar bis ins Mittelalter zurück.
Aber ist es heute noch zeitgemäß, Ehrenamtliche Recht sprechen zu lassen, die nie ein Jurastudium absolviert haben?
Durchaus. Die Laienrichter haben oftmals viel Lebenserfahrung, einen ganz anderen Blickwinkel und bestenfalls ein Gespür für Gerechtigkeit. Die Studierten sind ihrerseits durch das Hinzuziehen von Schöffen gezwungen, komplexe Sachverhalte nicht in Juristen-Deutsch, sondern allgemein verständlich zu erklären.
Das Schöffenamt ist eine Form der direkten Beteiligung an der Demokratie. Diese Laienrichter mit Einfluss betreiben Sachaufklärung und sollen im Namen des Volkes urteilen. Sie tragen Verantwortung, wenn sie mit dem hauptamtlichen Richter über Schuld und Strafe von Angeklagten entscheiden, also auch über die Schicksale von Menschen.
Überhaupt nicht mehr zeitgemäß ist es, dass der deutsche Staat seine Bürger für fünf Jahre als Schöffe verpflichten kann, auch wenn diese Personen das gar nicht möchten. Wer ablehnen will, den stellt das eingangs erwähnte Gerichtsverfassungsgesetz vor hohe Hürden, und das kann nicht richtig sein. Einem gezwungenen Ehrenamtler darf man getrost die Leidenschaft für seine Aufgabe absprechen. Und welchen Sinn sollte es machen, wenn Schöffen im Amt passiv sind und die Vorgaben des Richters abnicken, damit eine Verhandlung schnell endet? Im Namen des Volkes ist das nicht.
Weitere interessante Artikel