„Wir machen weiter“

Betriebsleiter Andreas Plundrich über die Situation des Vegesacker Geschichtenhauses

Andreas Plundrich ist vorsichtig optimistisch, stellt aber klar „Wir wissen nicht, wie es übers Jahr hinaus weitergeht.“Foto: as

Artikel vom: 21.07.2024

Vegesack (AS) – „Ich möchte glauben, dass es eine Chance gibt“, sagt Andreas Plundrich, Betriebsleiter des Vegesacker Geschichtenhauses, zugehörig zum arbeitsmarktpolitischen Träger bras e. V..

Seit Monaten begleitet er die Schließung des Köksch un Qualm in Burgdamm (wir berichteten). Der größte Teil des Inventars sei nun im Vegesacker Geschichtenhaus, um dort als Teil der Requisite für Theaterszenen zu dienen.

„Was wir darstellen wollen, habe ich mitgenommen. Wir waren in den Startlöchern, loszulegen“, erklärt er zu den neueren Plänen. Dann kam die Nachricht von der Schließung des Vegesacker Geschichtenhauses, ausgelöst von der Geldnot beim Bremer Jobcenter, angedacht für Ende August. Dadurch sei die neue Ausstellung erst einmal auf Eis gelegt worden. Kurz darauf wurde verkündet, dass eine vorläufige Lösung damit gefunden worden sei, finanzielle Mittel von 2025 schon in diesem Jahr zu verwenden. Dadurch könne das Haus bis Ende 2024 betrieben werden.

„Wir wissen nicht, wie es übers Jahr hinaus weitergeht!“, stellt Andreas Plundrich klar. Insgesamt 32 Menschen sind im Geschichtenhaus beschäftigt. Die Nachrichten hätten Sorgen, Nöte und Existenzängste ausgelöst. „Die Kollegen haben das gebündelt, aufgefangen und alles vorbereitet, was wir haben“, so der Betriebsleiter. Die Beteiligten wollen sich nicht unsichtbar machen, sondern sich zeigen: bei den Spielführungen, den Donnerstagsveranstaltungen, beim Festival Maritim oder beim Vegesacker Herbstmarkt. Eine große Stütze seien die Ehrenamtlichen, die er wieder habe einbinden können, sowie die Bevölkerung, die vermittele: „Wir stehen zu euch!“ Die Nordbremer Orts-amtsleiter hätten sich an den Senat und den Bürgermeister gewandt, mit dem expliziten Wunsch nach der Unterstützung des Geschichtenhauses. 

Die Politik zeige Interesse: Maike Schaefer (Grüne) wolle sich austauschen, die SPD habe Räumlichkeiten für eine Versammlung gemietet – auch das unterstütze das Haus. Unterschriftenlisten könnten unterzeichnet werden, über eine Petition werde noch nachgedacht.Bremen-Nord bedürfe Kultur und Anlaufmöglichkeiten, auch für die, die finanziell nicht so gut auf den Beinen stünden. Das Geschichtenhaus liege zentral und habe niedrigschwellige Angebote zu familienfreundlichen Zeiten. „Wir haben Glück, dass wir ein kultureller Standort sind und Geschichte vermitteln. Die Identifikation mit uns ist die große Chance, die ich für das Haus sehe. Was wir anbieten wollen und können, machen wir einfach weiter“, so Andreas Plundrich. Er richte zudem einen klaren Appell an die Politik, sich für das Haus einzusetzen.

Betroffen seien auch andere Standorte sowie weitere arbeitsmarktpolitische Dienstleister. Von dessem Verbund, VaDiB e. V., erklärte der Vorsitzende Peter Härtl, dass die plötzliche Ankündigung, keine neuen Maßnahmen mehr bewilligen zu können, „desaströse Auswirkungen auf alle Beteiligten“ habe: In den Bremer Quartieren fielen mehr als 20 gemeinwohlorientierte Projekte weg – wie für die Träger „ein erheblicher Teil der Geschäftsgrundlage“. Ihnen drohe die Insolvenz. Für Langzeitarbeitslose gebe es keine neuen Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Menschen, die in laufenden Maßnahmen seien, „verlieren abrupt und unerwartet ihre Perspektive“.

„Wir haben viele unterschiedliche Persönlichkeiten hier und schöpfen daraus. So erleben wir viele inspirierende Momente“, sagt Andreas Plundrich über sein Team. Dass das Programm des Geschichtenhauses ankomme, sei daran zu erkennen, dass es erfolgreich sei, wie unter anderem die Hafenführung kürzlich, die „richtig gut“ gelaufen sei. Ein besonderes Highlight gibt es am Donnerstag, 1. August, 15 Uhr. Erstmals würden die Privatfilme des Großvaters eines ehemaligen Mitarbeiters gezeigt: „New York – 1939“; über die dortige Weltausstellung. Ein „Klassiker aus dem Köksch un Qualm“ ist am 8. August, ab 15 Uhr, zu erleben: „Putzen ohne Putzmittel“. Hier gehe es um „gelungenen, umwelt- und geldbeutelfreundlichen Hausputz“. Der Eintrittspreis beträgt je einen Euro, Kaffee und ein Stück Kuchen können erworben werden. Um Anmeldung wird gebeten: unter Telefon 0421 / 89 77 66 40. Wer Interesse hat, das Vegesacker Geschichtenhaus zu unterstützen oder sich ehrenamtlich einzubringen, kann sich unter 0421/89776641 melden. Infos hier: www.vegesacker-geschichtenhaus.de.


Weitere interessante Artikel

Der Herr der Wäsche

Vegesack (rdr) – Uwe Tumpelmann ist seit 1984 bei Leffers beschäftigt. Seit 1994 ist er im Modehaus in Vegesack, Breite Straße 14–16 tätig. Da leitete er zunächst die ...

Freude für die Finger

Vegesack (as) – „Wie kann man Kunst haptisch fühlbar machen für Sehende oder nicht Sehende?“ Dieser Frage gingen eine Gruppe von Studierenden der Constructor Univers ity ...

„Bunt trifft unbunt“

Schönebeck (as) – Zwei, die sich aus der Bremer Upcycling Galerie Wallerie kennen, stellen derzeit im Kunstkeller des Schlosses Schönebeck aus: Daniela Görner und Jacqueline ...

Neue Reihe: „Kunst und Wissenschaft“

Vegesack (nik) – Eine Ausstellung im Stadthaus Vegesack von Eva-Maria Löhmann markiert den Auftakt einer neuen Veranstaltungsreihe, die Kunst und Wissenschaft zusammenbringen soll. Die in ...

Ganz Vegesack feiert den Matjes

Vegesack (rdr)– Mit frischem Wind und neuen Ideen startet am Samstag, 21. Juni, der Vegesacker Matjestag – und läutet damit nicht nur feierlich die Saison ein, sondern erstmals auch ...

Ressort handelt eigenmächtig und zahlt

Vegesack (rdr) – In der Februar-Sitzung des Ausschusses für Straßen-, Verkehrs- und Marktangelegenheiten wurden verschiedene Standorte für zusätzliche Fahrradständer ...

SPD kritisiert Ungleichbehandlung

Vegesack (rdr) – Die Bremer Koalition will sich einen strikten Sparkurs verordnen. Aufgrund der kritischen Haushaltslage sollen Beamte im Land Bremen künftig eine Stunde pro Woche ...

„Literatur erzählt“ als Buch

Vegesack (as) – „Jedes Jahr erscheinen viele neue Geschichten. Und dann gibt es noch die Bücher, die bleiben: die Klassiker“, weiß Martin Mader. Ihm ist es wichtig, diese ...

Wie man mehr Natur in die Stadt holt

Grohn (fr) – Die Sonne scheint, Hummeln brummen und ­Vogelgezwitscher erfüllt die Luft. Das hebt die Laune und macht Lust auf Garten-, Balkon-, Terrassenarbeit. Wobei ...