„Individuelle Assistenz auf Augenhöhe“
Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt und WiR-Vorsitzender Rainer Küchen überreichten den Preis an Ilona Schmidt, Jens Hartmann und Claus Jäger vom Jugendgemeinschaftswerk.Foto: nik
Artikel vom: 17.11.2025
Bremen-Nord – (nik) Der Unternehmenspreis des Wirtschafts- und Strukturrats geht in diesem Jahr an eine soziale Einrichtung: das Jugendgemeinschaftswerk. Damit soll dessen Arbeit bei der Betreuung schwerstbehinderter Menschen in zwei Nordbremer Wohneinrichtungen sichtbarer gemacht werden. WiR-Vorsitzender Rainer Küchen konnte sich freuen, mehr als 100 Gäste bei der Preisverleihung im Saal des Gustav-Heinemann-Bürgerhauses zu begrüßen. Er wolle sich kurz fassen, betonte, sich nicht über die wirtschaftliche Gesamtlage auslassen zu wollen und ließ es dabei bewenden, diese „liebevoll ausgedrückt: leicht angespannt“ zu nennen. Das Motiv auf der Einladung zur Veranstaltung solle aber andeuten, „dass in der Welt die Probleme durcheinanderpurzeln.“ Der Wirtschafts- und Strukturrat wolle Handel und Handwerk, aber auch Soziales zusammenbringen. Im Hinblick auf die nahende Weihnachtszeit habe er einen Wunsch an Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt: Was Bremen-Nord brauche, sei eine Stadtentwicklungsgesellschaft. Keine große, zwei Stellen könnten ausreichen. Schon wenn man fünf Unternehmen mit 100 Beschäftigten in Bremen-Nord ansiedeln könnte, hätte sich das steuerlich bezahlt gemacht.
Kristina Vogt dankte zunächst für die Einladung, sie sei froh hier zu sein, weil das bei der vorigen Preisverleihung leider nicht geklappt habe. „Hier waren Industrien zuhause, zu denen die Menschen Verbindungen hatten“ sagte die Senatorin und bescheinigte Bremen-Nord ein „sehr starkes regionales Selbstverständnis“.
Man müsse mit dem Strukturwandel umgehen, indem man Neues in Gang setze. Es sei „natürlich so, dass wir in Europa nicht den besten Weg gegangen sind. Wir verstehen uns immer noch nicht als Binnenmarkt.“ Beim sogenannten „Green Deal“ habe man zuletzt eher einen Schritt zurück gemacht. Bei der Transformation auf die Bremse zu treten, könne nicht helfen. Sie hoffe, dass die Wasserstoff-Strategie wie geplant umgesetzt werde, damit ein neuer Standortfaktor entstehe: „Die Industrie sitzt gerne nah an der Energie.“ Wenn zudem der Ringschluss der A281 fertiggestellt sei, entstehe dadurch ein zusammenhängendes Band von Gewerbegebieten. Beim Unternehmenspreis gehe es nicht um die höchsten Renditen, sondern um Verantwortung: „Ein Unternehmen ist stark, wenn es die Menschen stark macht.“ Dafür sei das Jugendgemeinschaftswerk ein beeindruckendes Beispiel, mit über 130 Mitarbeitern, davon 75 Prozent Frauen, auch ein bedeutsamer Arbeitgeber. Mit individueller Assistenz auf Augenhöhe werde hier Teilhabe verwirklicht.
Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass eine Einrichtung der Daseinsvorsorge einen Unternehmenspreis erhält, sagte der Vereinsvorsitzende Claus Jäger in seiner Dankesrede. Das Jugendgemeinschaftswerk habe in den Fünfzigerjahren ursprünglich als „Nähkreis für Mädchen“ seinen Anfang genommen. Später wurde daraus die Unterstützung „schwer vermittelbarer Jugendlicher“. Das hätte sich zu einer Außenstelle des Martinshofs entwickeln können, mit Unterstützung des Lions Clubs Unterweser blieb man aber weiterhin als Verein organisiert. Die finanzielle Ausstattung sei dabei immer unheimlich schwierig geblieben. Für die Mitarbeiter bedeute die Auszeichnung Anerkennung und Respekt für ihren Einsatz: „Das alles, was da auf die Beine gestellt wird, ist möglich, weil wir fantastische Mitarbeiter haben.“
Ilona Schmidt und Jens Hartmann stellten die Arbeit des Jugendgemeinschaftswerks vor. An zwei Standorten am Chaukenhügel und der Dobbheide gibt es die betreuten Wohneinrichtungen. Am Chaukenhügel entsteht derzeit ein Neubau für die Tagesstätte. „Wir sind Norder. Echte Norder, das ist mal klar“ stellte Jens Hartmann heraus. Sie zeigten einige Fotos, etwa vom Spiel- und Sportfest, das immer ein Highlight für die Bewohner wie auch Mitarbeiter sei. Ilona Schmidt erklärte, man habe Konzepte aufgestellt, damit man Menschen verstehen könnte, die sich nicht sprachlich verständlich machen können. Ein den Bedürfnissen der Menschen angepasster Umgang mache den Einsatz von Psychopharmaka weitgehend unnötig. Hauptthemen sind Kommunikation, Bewegung und Sozialraumorientierung: In Kooperation mit Schulen könne man bei Jugendlichen Berührungsängste abbauen. Abschließend führten sie einen kurzen Film aus der Wohneinrichtung vor, wo Vertreter der Bremer Philharmoniker gemeinsam mit den Bewohnern musizierten.
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