„Es gibt Häuser, die sind komplett weg“

Julia Strahl (vorne) bekam von den Frauen der WunderTruhe und Altpapiersammlung 2500 Euro. FOTO: NAD
Artikel vom: 01.09.2021
Schwanewede – (NAD) Julia Strahl ist in der Eifel aufgewachsen. Ihr Beruf zog sie nach Bremen. Die Meeresbiologin arbeitet am Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB). Dort beschäftigt sie sich mit dem Klimawandel und damit, wie dieser sich auf die Meeresorganismen auswirkt. In ihrer Heimat hat sie mit der Flutkatastrophe nun eine deutliche Folge des Klimawandels
gesehen, wie sie berichtet. Kurz nach der Überschwemmung fuhr sie für zwei Wochen zu ihrer Familie, die in den betroffenen Gebieten lebt, und half dort mit weiteren Mitstreitern. Zudem organisieren sie Raumtrockner und sammeln Spenden für die Betroffenen, die keine Versicherung haben. Einen Beitrag leistete die WunderTruhe in Schwanewede sowie die Altpapiersammlung der Waldschule.
Insgesamt 2500 Euro erhielt Julia Strahl bei dem Treffen mit den Organisatorinnen. Magdalena Dippe von der WunderTruhe war sehr froh darüber, dass die Wunder-Truhe mit ihrer Spende von 2000 Euro den Menschen vor Ort helfen kann. Sie wolle auch noch mal 1000 Euro an die Jugendherberge Bad
Neuenahr-Ahrweiler spenden. Sie freut sich, dass beim Verkauf immer so viel Erlös herauskomme, dass man solche Projekte unterstützen kann.
Julia Strahl berichtete den engagierten Helferinnen der WunderTruhe und der Altpapiersammlung von ihren Erlebnissen. Sie begann damit, dass sie erst am Abend des 15. Juli von den letzten Angehörigen erfahren hat, dass es ihrer Familie und ihren Verwandten gut gehe. Da das ganze Netz zusammengebrochen sei, sei der Kontakt schwierig gewesen. Das Haus ihres Vaters steht ein wenig erhöht und 100 Meter vor dem ihrer Mutter stoppte das Wasser. Einige Verwandte hätten durchflutete Häuser gehabt, aber allen ging es gut.
Sie erzählte von den zwei Wochen, die sie vor Ort verbracht hat: Von einem Mann, dessen Haus stark von der Flut getroffen wurde, der aber einfach glücklich war, dass seinen Kindern, die sich im Haus befanden, nichts geschehen
sei. Sie berichtete von einer Familie, die sich aufs Dach gerettet hatte, das dann aber begann, mit der Flut mitgerissen zu werden. Sie konnten sich mit Hilfe ins Nachbarhaus retten. Sie erzählte von Menschen, die die ganze Nacht im Wasser ausgehalten hatten. Sie hat aber auch traurige Dinge erlebt. „Es gibt Häuser in Insul, die sind komplett weg“, sagt Julia Strahl. Zudem seien in anderen betroffenen Dörfern im Ahrtal viele Menschen ums Leben gekommen.
Zusammen mit Freunden unterstützt sie die Menschen auch von Bremen und dem Umland aus weiter. Da es vor Ort keine Raumtrockner mehr gab, organisierten sie welche. Für die Betroffenen, die keine Versicherung haben, sammeln sie Spenden für die Maschinen und die Stromkosten. 40 Raumtrockner konnten die Freiwilligen bisher finden und 20000 Euro gingen an Spenden ein. Falls von dem Geld noch etwas übrig bleiben sollte, soll es in Baumaterialien investiert werden. Denn von den Wänden und Böden ist alles ab: kein Putz, keine Estrich, keine Fliesen mehr. Julia Strahl freut sich, dass sie die Menschen unterstützen kann, „obwohl ich das Gefühl habe, dass es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, wenn man das ganze Ausmaß sieht.“ Wenn jemand helfen möchte, kann er sich per Mail an Julia Strahl unter j.strahl@gmx.de wenden.
Die WunderTruhe sammelt weiter Spenden für soziale Projekte. Interessierte können dienstags und freitags von 14 bis 16 Uhr sowie donnerstags von 11 bis 13 Uhr und nach Vereinbarung unter Telefon 04209/4787 stöbern. Wer noch Dinge abgeben möchte: Es werden besonders Kinderkleidung ab der Größe 134, Herrenmode in Übergrößen oder kleinen Größen sowie elektrische Nähmaschinen, Staubsauger, Kaffeemaschinen, Wasserkocher und Haushaltswaren benötigt.
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